Marie Brand und das mörderische Vergessen

Marie Brand und das mörderische Vergessen© ZDF/Thomas Kost
Sender:ZDF
Produktionsfirma:Cologne Film, Micha Terjung, Iris Wolfinger
Regie:Florian Kern
Redakteur: Wolfgang Feindt, Klaus Bassiner
Darsteller:Mariele Millowitsch, Hinnerk Schönemann, Ulrich Noethen, Esther Zimmering
Erstausstrahlung:16.12.2009

Beschreibung

"Gutgelaunt, mit einem Schlager auf den Lippen, beginnt Neuropathologe Bergengrün sein Tagwerk. Doch bevor er den ersten Torso aufschlitzt, fällt er um. Tot! Vergiftet? Die Hauptkommissare Brand (Millowitsch) und Simmel (Schönemann) wollen sich seine Sekre­tärin Nicola (Esther Zimmering) vorknöpfen, doch die rennt panisch weg. Brands Akribie und Simmels Bauchgefühl fördern weitere Verdächtige zu Tage: Ex-Knacki Schmieder (Florian Panzer) hatte noch eine Rechnung mit Bergengrün offen. Der wiederum hatte ein Liebesverhältnis mit der Frau des Demenz-Experten Prof. Jacobsen (Ulrich Noethen)… Ganz souverän ermittelt das ungleiche Kölner Duo vor ernstem Hintergrund (Buch: "Unter Verdacht"-Autor Wolfgang Stauch)."  (TV Spielfilm)

 

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Rezensionen

Krimi-Kurzweil mit tollem Team. Lebt von den Gegensätzen der Ermittler. Daneben überzeugen die vielschichtige Story und die Prise Humor.

– TV Movie


Ein Gerichtsmediziner gut gelaunt bei der Arbeit. Das Skalpell blitzt, der Kaffee dampft verdächtig. Wenig später gibt es zwei Tote im Obduktionssaal. Jener Dr. Bergengruen scheint den morgendlichen Kaffee nicht vertragen zu haben. Nicola May, seine Sekretärin tritt daraufhin den schnellstmöglichen Fluchtweg an, wird aber von Kommissar Simmel gestellt. Der spielt den psychologischen Betreuer und landet mit der etwas schusseligen Assistentin im Bett, derweil sich Marie Brand um ihren Ehemann sorgt: der stellt das Geschirr in den Kühlschrank und vergisst auch sonst so einiges. Da ist es gut, dass sie bei ihren Ermittlungen auf den Demenz-Spezialisten Dr. Jacobsen trifft. Der hat Geheimnisse und eine Frau, die den Toten geliebt hat. Ein 100%iges Mordmotiv also. Doch es gibt eine weitere Spur: Der Ermordete war Alkoholiker und Gutachter für die Staatsanwaltschaft. Gab es vielleicht Fehlgutachten?

Die vor einem Jahr gestartete ZDF-Reihe um das Kombinationsgenie Marie Brand und ihren Sonnenbrillen-Cop Simmel (was im Zusammenhang mit dem Bild, das Hinnerk Schönemann abgibt, verdächtig nach Simpel klingt) erfindet den TV-Krimi nicht neu, gewinnt aber deutlich an Klasse, je besser man die deutsche Krimi-Landschaft kennt. „Marie Brand und…“ bereichert das Genre mit einer unspektakulären und zugleich ungewöhnlichen Tonart. Der vierte Film der Reihe ist linear erzählt, ohne ästhetische Raffinessen, dafür flüssig mit viel Kölner Atmo inszeniert. Autor Wolfgang Stauch und Regisseur Florian Kern betonen weniger die Genre-Spannung, sondern setzen auf das spielerische Miteinander von Figur und Schauspieler, von kleinen, wunderbaren Buchideen und dem Alltagsrhythmus des Ermittelns.

In „Marie Brand und das mörderische Vergessen“ wird die Dramaturgie des Und-dann-und-dann immer wieder aufgebrochen durch beiläufige und umso nachhaltigere Szenen: die alte Frau, die alles, was in ihrem Leben passiert, aufschreibt, weil sie es sofort vergisst oder der demenzkranke Mann, der seine Frau sucht oder sich von den Russen verfolgt fühlt. Auch der Showdown lebt von einem klugen Schachzug mit Blick auf die ZDF-Klientel: so wird die obligatorische Fall(er)klärung aufgelöst in eine Szene voller Action.

Wo andere Krimis mit der Brechstange Sozialkritik verabreichen, geht Marie Brand zur Befragung kurz entschlossen mit dem Chefarzt in den OP. Das mag ein Gag sein, sagt aber nebenbei auch etwas über unser Gesundheitswesen aus. Mariele Millowitsch hat – gerade unter Fernsehkritikern – sicher nicht nur Freunde, aber wie bei ihr Rolle und privates Image zusammengehen, das muss ein Traum sein für jeden, der serielles Fernsehen für die 50+-Generation macht. Und auch Hinnerk Schönemann als Cop (diese Körperhaltung!) ist – vor allem bei den Jungen – eine sichere Bank: Gedämpft darf er dort weiter machen, wo er in „Dr. Psycho“ aufgehört hat.

– Rainer Tittelbach, Tittelbach.TV


Wolfgang Stauch (Buch) und Florian Kern (Regie) erzählen die Geschichte nicht ganz so unkonventionell wie ihre Vorgänger, aber keineswegs weniger spannend. Nicht recht gelungen ist allein die obligate falsche Fährte, aber auch nur, weil sie als solche durchschaubar ist; die Idee hingegen, dass sich einer der Verdächtigen (Florian Panzner), der seinen Gefängnisaufenthalt einem Gutachten des Pathologen verdankt, ein hieb- und stichfestes Alibi für ein ganz anderes Verbrechen konstruiert hat, ist durchaus hübsch. Die ungleich interessantere Figur ist jedoch ein Neurochirurg (Ulrich Noethen), der auf dem besten Weg zu sein scheint, ein Mittel gegen Demenz zu finden. Das titelgebende Vergessen steht daher auch immer wieder im Zentrum der Handlung, die aus Sicht von Marie Brand allerdings höchst betrüblich endet.

Neben der reizvollen Geschichte sind vor allem die Dialoge die große Stärke Stauchs, der unter anderem drei Filme für die ZDF-Reihe "Unter Verdacht" geschrieben hat. Das mittlerweile eingespielte Ermittlerpaar braucht zwar nicht mehr so viele Worte, aber die sind dafür dank Simmels Entwicklungssprung recht geistreich. Ulrich Noethens Qualitäten bedürfen ohnehin keiner Beschreibung mehr, doch wie er den Chirurgen mit einer eigentlich widersprüchlichen Mischung aus Arroganz und Mitgefühl spielt, fügt seinen vielen großartig verkörperten Charakteren einen weiteren hinzu.

– Kino.de