Marie Brand und das Lied von Tod und Liebe

In Höhenangst vereint: Brand & Simmel© ZDF / Frank Dicks
Sender:ZDF
Produktionsfirma:eyeworks, Iris Wolfinger, Micha Terjung
Regie:Christiane Balthasar
Redakteur: Wolfgang Feindt
Darsteller:Mariele Millowitsch, Hinnerk Schönemann, Katja Flint, Laura Tonke, Johanna Gastdorf
Erstausstrahlung:15.11.2012

Beschreibung

Mit einem eher ironisch-sentimentalen Titel versehen ist "Das Lied von Liebe und Tod" das zweite Projekt für die Produzentinnen Iris Wolfinger und Micha Terjung, das ZDF und das ungewöhnliche Ermittlerduo Millowitsch/Schönemann - dabei passieren so viele Morde wie sonst selten. Auf eher ungewöhnliche Weise enden die Leben eines Apachen, eines evangelischen Pfarrers und womöglich auch eines sehr schönen, charmanten Mannes. Ein Serienmörder? Keine leichte Aufgabe für Brand/Simmel, aber eine Geschichte ohne allzu schwere Moll-Töne.

Wolfgang Stauch schrieb das Buch gemeinsam mit Khyana el Bitar. Gedreht wurde im April 2012 in Köln und Umgebung unter der Regie von Christiane Balthasar.

 


Rezensionen

Urkomische Einfälle
 In Köln schreitet ein Indianer in voller Pracht
würdevoll über eine Brücke. Dann steht er, angeseilt, auf
einem Hochhaus und lässt sich von einem Kollegen ge-
sichert herab. Beide sind Industriekletterer für „Highsky
Cologne“. Ein paar Meter freier Fall, dann strafft sich
das Seil wieder, bis es Sekunden später reißt und der
Mann zu Tode stürzt.
Die Kommissare Marie Brand und Jürgen Simmel sind
auf dem Weg zur Unfallstelle. Sie fährt ein weißes
BMW-Cabrio mit reichlich pinkfarbenen Girlanden.
„Friseusenschleuder“, sagt Simmel dazu. Der aber soll
lieber den Mund halten, verlor er doch gerade erst
seinen Führerschein. Sie motzen sich an, witzeln, alles
wunderbarerweise per „Sie“. Sie fragen sich, wie kam
der Mann zu Tode, und Simmel versucht einen Jux:
„Trunkenheit am Seil“.
Die Autoren Wolfgang Stauch und Khyana el Bitar haben
nicht die Spur Angst vor politisch, moralisch, ethisch
oder ethnologisch unkorrekten Späßen. Niemand ist
vor ihrem Witz sicher, die Personen nicht und nicht die
Situationen. Es gibt hier zwei Männer-Leichen und eine

Beinahe-Leiche,dieaberüberlebt,wennauchansehnlich
verstümmelt. Dazu zwei Witwen und eine folgenreich
Geschiedene. Also gibt es auch vielfachen Grund zur
Trauer. Aber: selten so gelacht! Die Komik kommt
aus dem flotten Gekabbel der Kommissare, sie kommt
direkt aus den irrwitzigen Vorgängen, aus immer neuen
Verwicklungen, aus dem augenzwinkernden Rückgriff
auf bekannte Krimiklischees. Und wird getragen von
Mariele Millowitsch und Hinnerk Schönemann als
Brand und Simmel, die wahre Perfektionisten sind
im Setzen von Pointen, die das exakte Maß kennen
dafür, die immer neue Nuancen an Eigenwilligkeit und
auch Verschrobenheit anbieten, mit einer ansteckenden
Spielfreude und herrlicher Leichtigkeit.
Die Geschichte ist eigentlich einfach, macht aber einige
spannende Umwege, geht auf Abwege und findet
logisch zurück zu den Leichen. Der ermordete Indianer
(Seil manipuliert) heißt Robert Lex-Muller, er hat zwei
indianische Namen. Der eine bedeutet „Der Waghalsige“,
der andere „Großes Hinterteil“ - ist also Ansichtssache.
Seine Frau Anna Lex-Muller (Laura Tonke) lernte ihn
vor drei Jahren in den USA in seinem Reservat kennen,
heiratete ihn und verfrachtete ihn nach Deutschland,
wo er deutscher sein wollte als die Deutschen (Muller
jetzt mit Strichen drüber).
Die zweite Leiche heißt Björn Zeiss (Heiko Pinkowski),
ist Pfarrer und erstickt in der Sauna eines Bordells,
Tür von außen verriegelt. Er kam jeden Monat einmal
und verlangte immer eine Frau aus einem anderen
Land. Belinda, seine Ehefrau, macht die eigentliche
Kirchenarbeit fast allein, auch die Erziehung der fünf
Kinder. In einem einzigen Schwall, fast auf einem Atem
(Hochachtung vor dieser handwerklichen Perfektion!)
schleudert sie wutentbrannt heraus, was sie alles
tut und: „Er fickt im Puff, ich putze...!“ Sagt Marie
begütigend: „Er ist tot.“ Schreit Belinda: „Ja, das kommt
ja noch dazu!“
Der dritte fast Tote ist Claas (Mathias Hermann),
ein Frauenausnutzer großen Stils. Seinetwegen hatte
Caroline (Katja Flint) ihren vermögenden Mann, Schön-
heitschirurg, verlassen. Brand und Simmel haben eine
Ahnung: Ein Mord überkreuz? Du tötest meinen, ich
deinen Mann? Dann finden sie heraus, dass alle diese
sehr unterschiedlichen Damen sich kennen, von Basaren
her. Ein Dreierkomplott. Die Damen hatten ihre Gründe.
Von großem Unterhaltungswert sind viele kleine urko-
mische oder tragisch-komische Einfälle. Immer wieder
im Bild Belinda und Anna, die eine staubt den Jesus am
Kreuz ab, fluchend, schreiend, die andere zersägt Holz
im Garten, der voller Indianer-Zeugs steht. Sie wird auch
noch die Leiche ihres Mannes „Der Waghalsige/Großes
Hinterteil“ klauen, um ihn nächstens im Garten traditio-

nell zu verbrennen, in dumpfer Wut. Marie Brand verliebt
sich kleinmädchenhaft in den Hochstapler Claas. Der
Schönheitschirurg Dr. Berg (Rainer Laupichler) erweist
sich, gegen alle Klischees, als grundintegrer Mensch,
wenn er dem inkognito auftretenden Kripochef, dem Dr.
Engler (Thomas Heinze), nicht auf den Leim geht. Doch
das amüsanteste sind die Kommissare Marie Brand und
Jürgen Simmel, die sich (auch nach zehn Folgen), immer
noch siezen, die sich versehentlich mit „Frau Simmel“
oder „Herr Brand“ anreden, damit auf fast eheliche
Verhältnisse hindeutend, auf engste Vertrautheit trotz
der Verschiedenheit.
Inszeniert hat mit Christiane Balthasar eine Regisseurin,
die die Kunst beherrscht, auch mittelmäßige Bücher
so aussehen zu lassen, dass sie um Klassen besser
scheinen. Hier, mit diesem Buch, hat sie die Chance, ihr
besonderes Talent, die Inspiration von Schauspielern,
zu perfektionieren. Was da so leicht und lustig und
komisch daherkommt, ist nur durch präzise Arbeit zu
kriegen. Durch sicheres Gespür für echte Töne, für
Timing, für das richtige Maß. Sie lässt sinnlich erzählen,
charakterisiert die Figuren knapp aber zutreffend, macht
sie außergewöhnlich, macht sie nie albern, gibt sie nie
preis. Jeder Darsteller trifft mit wenigen prägnanten
Mitteln, in kurzen Szenen, das Besondere seiner Figur,
ihr spezielles Leben, früher und jetzt. Es gibt diverse
„Hauptdarsteller“, die das nicht einmal in neunzig
Minuten zustande bringen.

– Renate Stinn, epd medien


TV-Krimikomödie mit Mariele Millowitsch. In Köln-Nippes sterben die untreuen Ehemänner.

Ein Apache stürzt ab: Bei einer Kletteraktion an einem Hochhaus kommt es zu einem tödlichen Unfall. Oder war es Mord? Kommissarin Brand (Millo-witsch) und ihr Kollege Simmel (Hinnerk Schönemann) ermitteln unter den Unfallzeugen. Von der trauernden Witwe Anna Lex-Muller (Laura Mueller) führt die Spur ins Rotlichtmilieu zu einer weiteren Leiche - und zu noch mehr Ehefrauen mit möglichen, finsteren Motiven… Der gut besetzte (u. a. Katja Flint, Thomas Heinze) Krimispaß ist eine sympathisch-launige Ermittlungstour, die mit viel Witz eine böse Verschwörung der Frauen offenlegt und selbst die Brand nicht vor einer überraschenden Pointe verschont.

Sehr vergnüglicher, vertrackter Fall. 

– TV Spielfilm